Rollstuhlgerechte Wohnungen & Häuser bauen

Architectura Duschwanne von Villeroy & Boch

Wer eine rollstuhlgerechte Wohnung baut oder ein bestehendes Haus entsprechend umbauen möchte, muss viel beachten. Nicht immer ist rollstuhlgerechtes Bauen bzw. Umbauen möglich. Dies gilt beispielsweise, wenn eine Bestandsimmobilie zu enge Türen oder zu schmale Flure hat. Rollstuhlfahrer benötigen neben niveaugleichen Ebenen außerdem mehr Platz zum Rangieren als Menschen, die ohne Rollstuhl durchs Leben gehen. So muss die Wohnung für Rollstuhlfahrer über Rampen oder Aufzüge erreichbar sein. Wer ein rollstuhlgerechtes Haus neu bauen will, trifft mit einer ebenerdigen, eingeschossigen Immobilie meist eine passende Wahl. Was macht eine rollstuhlgerechte Wohnung aus? Welche Maße sind zu berücksichtigen und wie unterscheiden sich barrierefreie Wohnungen von rollstuhlgerechten Wohnungen? Antworten auf diese und andere Fragen lesen Sie jetzt. 

Anforderungen für rollstuhlgerechte Wohnungen

Querschnitt barrierefreies Badezimmer

Damit eine Wohnung rollstuhlgerecht ist, müssen bestimmte Anforderungen unter anderem an Verkehrs- und Bewegungsflächen, an Griffbereiche und Bodenbeschaffenheit erfüllt sein. In der DIN 18040-2 sind diese Anforderungen schriftlich niedergelegt. Die DIN-Norm gilt generell für die barrierefreie Planung von Wohnraum unter der grundsätzlichen Berücksichtigung, dass dieser auch ohne Einschränkungen mit dem Rollstuhl nutzbar ist. 

Querschnitt barrierefreies Badezimmer

Die korrekte Bezeichnung der DIN-Norm 18040-2 lautet „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 2: Wohnungen“.  Jedoch sorgt das für viel Verwirrung, denn der Ausdruck „barrierefrei“ stellt andere, nämlich geringere Anforderungen an eine Wohnung als die Ausbaustufe „rollstuhlgerecht“. Die beiden Wörter werden im Alltag regelmäßig synonym verwendet, obwohl sie sich inhaltlich erheblich voneinander unterscheiden.

Wie sind rollstuhlgerechte Wohnungen aufgebaut?

Rollstuhlgerechte Wohnungen sind so aufgebaut, dass sich Menschen mit körperlicher Behinderung in einem Rollstuhl in der Wohnung gefahrlos und bequem darin aufhalten und bewegen können.   

Die DIN 18040-2 unterscheidet zwischen den öffentlich zugänglichen Bereichen, etwa vor einem Mehrfamilienhaus und den privaten Wohnbereichen. Die öffentlich zugänglichen Bereiche müssen rollstuhlgerecht, also mit dem Rollstuhl nutzbar sein. Darin sind Zufahrten und Zugänge, Garagen, Gemeinschaftsflure und Gemeinschaftsräume wie Waschküchen oder Keller enthalten. Die Häuser sind beispielsweise über Rampen mit dem Rollstuhl, innerhalb eines mehrgeschossigen Hauses sind Wohnungen ohne fremde Hilfe, etwa mit einem Aufzug, erreichbar. Es gibt keine unüberwindbaren Stufen oder zu enge Durchgänge, die die Benutzung mit einem Rollstuhl erschweren.  

Im privaten Wohnbereich differenziert die DIN-Norm zwischen barrierefreien Wohnungen und rollstuhlgerechten Wohnungen. Eine rollstuhlgerechte Wohnung erfüllt alle DIN-Norm-Standards der barrierefreien Wohnung und darüber hinaus noch weitere Anforderungen. In erster Linie liegen die Unterschiede in den Maßen und besonderen Ausstattungsmerkmalen. 

Rollstuhlgerechte Maße für Wohnungen

Wie breit müssen Türen für einen Rollstuhl sein? Wie viel Bewegungsfläche ist nötig und in welcher Höhe müssen sich die Fenstergriffe befinden? Folgende Tabelle verschafft einen Überblick über die rollstuhlgerechten Maße für Wohnungen nach DIN-Norm 18040-2. 

Bedienelemente

  • 50 Zentimeter Abstand zu Ecken und Begrenzungen 
  • Haltegriffe und Schalter jeder Art in 85 Zentimeter Höhe 
  • Bedienbarkeit mit geringem Kraftaufwand zwischen 2,5 und 5 N möglich 

Türen

  • Mindestmaß 90 Zentimeter x 205 Zentimeter 
  • Türspion in Höhe von 120 Zentimeter 
  • Türdrücker auf Standardhöhe 85 Zentimeter 
  • Bewegungsflächen vor und hinter der Tür 

Bewegungsflächen

In jedem Raum muss mindestens eine Rangierfläche von 150 × 150 Zentimeter vorhanden sein

Küche

  • Rangierfläche von 150 Zentimeter vor Möbel 
  • unterfahrbare Spüle und Arbeitsplatten 
  • unterfahrbarer Herd 
  • Anordnung der Arbeitsbereiche über Eck 

Fenster

Griffhöhen liegen zwischen 85 und 115 cm, sofern keine Automatik vorhanden ist

Bad

  • Toilettensitz 70 cm tief mit mindestens 20 cm Abstand zur Wand 
  • Abstandsflächen von 30 Zentimeter bzw. 90 Zentimeter links und rechts der Toilette 
  • klappbare Haltegriffe und Rückenstütze 
  • barrierefreie Duschfläche 150 × 150 Zentimeter 
  • Stützgriffe in der Dusche 
  • behindertengerechte Duscharmatur 
  • unterfahrbares Waschbecken 
  • Breite des Waschbeckens mindestens 90 Zentimeter bei einer Tiefe von 55 Zentimeter 
  • Höhe des unterfahrbaren Waschbeckens nicht mehr als 80 Zentimeter 
  • Spiegel mindestens 100 Zentimeter hoch 
  • barrierefreie Badewanne z. B. mit Lift nutzbar  

Zugänge zur Wohnung und zum Badezimmer

Die obige Tabelle liefert bereits die wesentlichen technischen Informationen zu den Anforderungen an ein rollstuhlgerechtes Bad. Was bedeutet es im Alltag, wenn ein Bad mit dem Rollstuhl zugänglich sein muss?  

Wesentlich bei der Gestaltung eines rollstuhlgerechten Bads ist die Rangierfläche. Rollstühle benötigen eine Mindestfläche von 150 × 150 Zentimeter, damit Rollstuhlfahrer sich ohne Schwierigkeiten bewegen können. Wenn ein Bad rollstuhlgerecht ist, verfügt es über einen niveaugleichen Boden ohne Hindernisse wie Kanten und Stufen sowie eine großzügige bodengleiche Dusche, die prinzipiell ohne fremde Hilfe zugänglich ist.  

rollstuhlgerechtes Badezimmer
behindertengereche Duschamatur

Die Bodenbeläge sind rutschhemmend, es befinden sich an geeigneter Stelle Haltegriffe. Zur Körperpflege in der Dusche sind klappbare Sitzmöglichkeiten ideal. Sie werden zum Beispiel an eine behindertengerechte Duscharmatur angebracht, die sich durch eine stabile Befestigung und hohe Belastbarkeit auszeichnet. Die Duschstange mit passender Armatur gibt es in verschiedenen Formen, etwa als L- oder umgekehrtes T-Profil. Sie wird oft gleichzeitig als Haltegeländer genutzt. Außerdem lässt sich ein Duschhocker direkt in das Gestänge einhängen und bei Bedarf herunterklappen. Das ist platzsparend, sicher und hygienisch.  Die Barrierefreiheit in der Badewanne ist aufwendiger herzustellen. Damit sie für Rollstuhlfahrer nutzbar ist, muss es eine Vorrichtung geben, die den Einstieg in die Dusche ermöglicht. In der Regel ist dies ein Lift. 

Definition „barrierefrei"

Unter dem Begriff barrierefrei versteht man, dass eine Wohnung keine Barrieren aufweist, sodass sie von allen Menschen mit und ohne Behinderung ohne fremde Hilfe nutzbar sind. 

Definition „rollstuhlgerecht"

Unter dem Begriff rollstuhlgerecht versteht man, dass der Ausbau bzw. die Nutzungsmöglichkeit den Erfordernissen von Rollstühlen entspricht. 

Was ist der Unterschied zwischen barrierefrei und rollstuhlgerecht

Ist barrierefrei gleich rollstuhlgerecht? Nein. Die beiden kurzen Definition oben im Text haben die Unterschiede bereits angerissen. Eine Wohnung für Rollstuhlfahrer baut auf den Standards auf, die für eine barrierefreie Wohnung gelten und geht darüber hinaus. Ist ein Haus rollstuhlgerecht, ist es somit auch stets barrierefrei im Sinne der DIN-Norm. 

Bei einer barrierefreien Wohnung sind die Anforderungen weniger hoch als bei einer rollstuhlgerechten Wohnung. Eine barrierefreie Wohnung unterscheidet sich von einer rollstuhlgerechten Wohnung unter anderem darin, dass Türbreiten von 80 (statt 90) Zentimetern genügen und Rangierflächen lediglich 120 × 120 (statt 150 × 150) Zentimeter betragen müssen.  

Auch sind die Anforderungen an eine barrierefreie Küche und ein barrierefreies Bad wesentlich niedriger.  Beispielsweise ist die Unterfahrbarkeit des Waschbeckens oder des Herds in einer barrierefreien Wohnung im Gegensatz zu einer rollstuhlgerechten Wohnung nicht notwendig.  

Wenn Sie behindertengerecht bauen und sich für die Ausbaustufe der Barrierefreiheit entscheiden, schaffen Sie eine seniorengerechte Wohnung. Barrierefreie Wohnungen sind bei körperlichen Einschränkungen älterer Menschen oft eine gute Wahl, doch rollstuhlgerechtes Wohnen ist darin in der Regel nicht möglich. Insbesondere bei Gehbehinderungen und Krankheiten, die den Einsatz eines Rollators oder Rollstuhls erfordern, braucht es eine Wohnung für Rollstuhlfahrer.